Veraltete Vormundschaft
Eine Gesetzesreform, wirksam ab dem 01.01.2023
Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 01.01.2023 das Vormundschaftsrecht reformiert (§§ 1773 ff. BGB n.F.). Ziel der Reform ist es, die persönliche Sorge für Minderjährige zu stärken und die Vermögenssorge zu modernisieren. Dazu gibt es einige Änderungen, die auch das Benennungsrecht der Eltern betreffen. Haben Sie vor dem 01.01.2023 eine Sorgerechtsverfügung errichtet, besteht eventuell Handlungsbedarf, da einige Regelungen unwirksam geworden sein könnten. Die Sorgerechtsverfügung, die Sie hier errichten, ist bereits auf dem neuen Gesetzesstand. Im folgenden Text zeigen wir die wichtigsten Änderungen auf.
Person des Vormunds
Vor der Reform war es möglich, mehrere Personen für ein Kind zum Vormund zu benennen. Ab dem 01.02.2023 besteht hingegen der Grundsatz der Einzelvormundschaft. Das bedeutet, dass das Familiengericht für ein Kind nur einen Vormund ernennt. Eine Ausnahme hiervon besteht nur, wenn es sich bei den Vormündern um Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner handelt. Nur dann kann das Familiengericht auch für ein Kind gleichzeitig zwei Vormünder bestellen.
Auch für mehrere Geschwister wird grundsätzlich der gleiche Vormund bestellt. Dies gilt auch für Halbgeschwister. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt dann, wenn besondere Gründe dafür vorliegen, dass unterschiedliche Vormünder zu benennen sind, insbes. bei einem Interessenswiderstreit zwischen den Geschwistern (z.B., wenn diese an derselben Gesellschaft beteiligt sind und Interessenskonflikte zu beachten sind) oder wenn die Geschwister weit voneinander entfernt leben.
Umfang der Vormundschaft
Neben der Person des Vormundes hat sich der Umfang der Vormundschaft seit der Reform geändert:
Vor der Reform war es innerhalb einer Sorgerechtsverfügung möglich, die Aufgabenbereiche unter den Vormündern zu verteilen. Gegenstand dieser Verteilung konnten alle Angelegenheiten der elterlichen Sorge sein (siehe für mehr Informationen zur elterlichen Sorge hier {Link zu der SEO-Seite „Eltern Sorge“}). Ein Vormund konnte so z.B. die Vermögenssorge innehaben, während ein anderer die Personensorge führte. Seit der Gesetzesreform gilt jedoch der Grundsatz der ungeteilten Sorgeverantwortung. Das bedeutet, dass jeder Vormund die gesamte Verantwortung für die Sorge über das Kind innehat, ohne diese an einen anderen Vormund abgeben zu können. Das gilt auch, wenn zwei Ehegatten zu Vormündern benannt werden. Beide tragen gemeinsam die Verantwortung für das Kind, ohne diese übertragen zu können.
Früher konnte in einer Sorgerechtsverfügung der Vorrang eines Vormunds bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vormündern geregelt werden. Nach dem Grundsatz der ungeteilten sogenannten „Sorgeverantwortung“ ist eine solche Regelung nun nicht mehr möglich. Vielmehr entscheidet jetzt in einem solchen Fall das Familiengericht.
Beinhaltet Ihre Sorgerechtsverfügung Regelungen nach altem Recht, sollten Sie sich von einem Notar oder Rechtsanwalt diesbezüglich neu beraten lassen oder auf dieser Webseite eine neue und aktuelle Sorgerechtsverfügung erstellen.
Gegenvormundschaft
Nach altem Recht gab es die Möglichkeit, einen Gegenvormund zu benennen. Diese Möglichkeit fällt ab dem 01.01.2023 weg. Die Funktion des Gegenvormunds bestand vor allem darin, den Vormund zu kontrollieren. Dafür konnte in einer Sorgerechtsverfügung Angelegenheiten benannt werden, die der Vormund nur mit Genehmigung des Gegenvormunds vornehmen durfte. Ab dem Jahr 2023 entscheidet in solchen Fällen das Familiengericht über eine Genehmigung. Haben Sie in einer älteren Sorgerechtsverfügung einen Gegenvormund benannt, sollten Sie sich von einem Notar oder Rechtsanwalt diesbezüglich neu beraten lassen oder auf dieser Webseite eine neue und aktuelle Sorgerechtsverfügung erstellen.
Handlungsbedarf
Wenn sich aus den vorstehenden Aspekten ergibt, dass eine bereits errichtete Sorgerechtsverfügung von diesen Änderungen berührt ist, besteht Handlungsbedarf: Wer mehrere Personen benannt hat, die nicht Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner sind, wer auf mehrere Vormünder verschiedene Angelegenheiten verteilt hat oder einen Gegenvormund ernannt hat, sollte eine neue Sorgerechtsverfügung errichten.
Dabei wäre aufgrund der gesetzlichen Neuregelung des Vormundschaftsrechts auch die jeweils aktuelle Praxis und Rechtsprechung zu berücksichtigen. Hierzu bedarf es einer Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Notar im Einzelfall.
veröffentlicht am 24. März 2022, verschlagwortet mit Sorgerecht, Vormundschaft